Abenteuer aus New Leaf - 31.10.2015

Ich war allein Zuhause. Das neue Buch hatte ich durchgelesen und im Fernsehen lief nichts Interessantes. Ich überlegte, was ich machen könnte. Es war Halloweenabend und es war ziemlich schaurig. Ich erinnerte mich, dass Berry nun in das ehemalige Haus seiner Eltern eingezogen ist. Dort machte er eine Übernachtungsparty. Zu der lud Berry mich ein. Ich zog mir meine Jacke über und lief rüber. Dort angekommen, erwartete mich Berry mit Lupo, Monika und Susi bereits mit heißer Schokolade. Wir plauderten mehrere Stunden lang. Später fiel Berry wieder der Speicher ein, auf dem er immer schon einmal stöbern wollte. Er wollte aber nicht alleine hinaufgehen. Berry sagte, es sei gefährlich, weil man auf einer wackligen Holzleiter hochklettern musste, um auf den Dachboden zu gelangen. Aber alle, insbesondere ich, waren neugierig. Wir entschlossen uns nach kurzem Überlegen, den Speicher zu erkunden. Ich sollte vorgehen, da Berry schon länger nicht mehr den Dachboden betreten hatte, und etwas verängstigt war.


Ich öffnete die quietschende Tür mit dem langen Metallhaken. Dann zog ich mit seiner Hilfe die Holzleiter nach unten. Berry, Lupo, Monika und Susi standen direkt hinter mir. Die Leiter hakte und ließ sich nur schwer nach unten bewegen. Ob dies ein Zeichen war? Vielleicht war es doch zu gefährlich und wir sollten es lieber bleiben lassen? Aber nein, mit einem Ruck fiel die Leiter nach unten und stand vor uns. Es kam ein kalter Luftzug aus dem Speicher. Wir schüttelten uns. Es roch muffig und verstaubt da oben. Wir sahen an der Leiter hoch, die uns nun ewig lang schien. Wie dunkel es da oben war! Ich hatte eine Taschenlampe dabei, hoffentlich würden die Batterien noch lang genug halten. Vorsorglich hatten die anderen auch noch ein paar Teelichter und Streichhölzer in ihre Hosentaschen gesteckt. Nicht auszudenken, wenn wir plötzlich im Dunkeln auf dem unheimlichen Dachboden stehen würden.


Ich nahm all meinen Mut zusammen und kletterte die Leiter hoch. Das war gar nicht so einfach mit der Taschenlampe in der Hand. Als ich fast oben angekommen war, blickte ich hinunter - und ein Schrecken durchfuhr mich. Wie tief es nach unten ging! Hastig stieg ich die letzten Stufen hoch, legte die Taschenlampe auf den kühlen Boden des Speichers und zog mich nach oben. Wie kalt es hier oben war! Von unten drang nur ein schwaches Licht in den Raum und die Taschenlampe erleuchtete gerade mal einen kleinen Teil des Dachbodens. Berry und die anderen kletterten ebenfalls hinauf. Wir folgten dem Lichtstrahl - und erschraken. Was war das für eine dunkle Gestalt dort in der Ecke? Plötzlich bewegte sich diese. Jemand lauerte uns auf! Hatte dieser jemand etwa gewusst, dass wir vorhatten, den Dachboden zu erkunden? Auf zittrigen Beinen gingen wir einen Schritt näher und ich richtete die Taschenlampe genau auf die Gestalt.


Nein - jetzt erkannte ich, was es war: ein alter Anzug mit einem Hut, der dort an einem mit Spinnenweben bedeckten Schrank hing. Durch den Luftzug wurde er leicht in Bewegung versetzt. Wir atmeten auf. Wie albern wir doch waren! Allmählich hatten unsere Augen sich an das dämmrige Licht gewöhnt, und wir erkannten immer mehr Gegenstände in dem Raum: da waren eine große Truhe, mehrere Schränke, viele Kisten, Koffer und Bücher, alles mit Staub und Spinnweben bedeckt. Da hörten wir plötzlich ein Geräusch neben uns - was war das? Wieder bekamen wir Angst. Es klopfte und raschelte. Ich leuchtete mit meiner Taschenlampe herum - da waren zwei glühende Augen, die mich ansahen! Ich fühlte mich wie erstarrt. Doch plötzlich bewegte sich dieses Etwas, es war eine Maus, die schnell hinter einer Kiste verschwand. Ich musste lachen. Vor dieser kleinen Maus hatte ich mich gefürchtet? Dabei hatte die Maus wohl mehr Angst vor mir als umgekehrt! Da jagten mir die großen Spinnen schon mehr Angst ein. Aber ich war ja kein Angsthase. Plötzlich fiel mir wieder ein, warum ich mit den anderen hergekommen war. Bestimmt gab es hier einige interessante Dinge zu entdecken.


Ich blickte auf die Bücher, die neben mir lagen. Nein, erst würde ich nachsehen, was sich in den Kisten befand. Und vor allem, was sich in der großen alten Truhe verbarg. Ich öffnete zunächst eine der Kisten, die vor mir standen. Sie war völlig verstaubt und ich musste husten. Noch mehr Bücher lagen darin. Ich rief die anderen. Gemeinsam zogen wir eines hinaus und schlugen es auf. Die Seiten waren völlig vergilbt und in einer Schrift verfasst, die wir nicht lesen konnten. Ob das eine Art Geheimschrift war? Berry nahm ein weiteres Buch in die Hand, es war ein Fotoalbum. Die Tiere, die darauf abgebildet waren, hatte er noch nie gesehen. Die Gesichter sahen merkwürdig fremd aus, fast unheimlich. Vielleicht lag es auch daran, dass sich die Bilder mit der Zeit gewellt und verfärbt hatten. Schnell schlug Berry das Album zu. Ein unbehagliches Gefühl überkam uns. Wieder hörte ich ein Rascheln und leuchtete mit der Lampe, es war die Maus. Nun war ich sogar froh über ihre Gesellschaft auf dem verlassenen Speicher. Ich ging unsicher zu der alten Truhe und beleuchtete sie von allen Seiten. Sie war sehr schmutzig - aber sie sah prunkvoll aus mit all den verschnörkelten Schnitzereien und der goldenen Verzierung.


So eine Truhe würde gut in ein Vampirschloss passen - als Sarg des Grafen. Ein Schauer durchfuhr mich. Dann schämte ich mich für meine Gedanken und sagte mir, dass bis jetzt noch nichts Unheimliches passiert war - es war nur meine Fantasie. Ich zog also an den alten Messinggriffen, öffnete die Truhe - und erschauerte. Da lag wirklich jemand, eine Frau mit langem blondem Haar! Ich zitterte und die Taschenlampe fiel zu Boden - es war dunkel um mich herum. Die anderen erschraken ebenfalls. Sie fragten mich: ,,Was ist passiert?" Ich war stumm vor Schreck, wie gelähmt. Mir wurde erst heiß dann kalt, die Gedanken rasten wild in meinem Kopf. Was würde nun geschehen? Wieder drangen Geräusche aus der Ecke. Oder kamen sie doch aus der Truhe? Nun konnte ich ein paar Umrisse im Raum erkennen. Langsam ging ich in die Knie und tastete nach der Taschenlampe. Die anderen und ich versammelten uns in der Mitte. Wir spürten die Kälte des Bodens und zuckten zurück. Die anderen hatten doch die Kerzen! Schnell griffen sie in ihren Tasche und zogen Kerzen und Streichhölzer heraus. Sie zündeten jeweils ein Teelicht an. Sehr hell war das Licht nicht, doch es reichte, um die Taschenlampe zu finden. Sie funktionierte noch. Wieder richtete ich den Strahl in die Truhe.


Wer war diese Frau mit dem langen roten Rüschenkleid? Zitternd ergriff ich einen Zipfel und zog daran - jetzt erkannte Berry das alte Kleid. Früher hatte es im Kleiderschrank seiner Mutter gehangen. Berry sah wieder in die Truhe - und wusste auf einmal, was darin lag: Es waren die alten Faschingskostüme, die seine Mutter aussortiert hatte. Und die blonden Haare - natürlich, es war die Prinzessinnen-Perücke seiner Schwester. Jetzt kamen wir uns wirklich dumm vor! Wir wühlten in der Kiste und entdeckten weitere Kostüme und ein paar elegante Klamotten, die Berry noch nie gesehen hatte. Wer die früher wohl getragen hatte? Ich ging zu einer weiteren Kiste. Sie war voller Briefumschläge, die nicht mehr weiß, sondern gelblich waren. Ich zögerte. Durfte ich die alten Briefe öffnen und lesen? Das gehörte sich eigentlich nicht. Doch Berry, Lupo, Monika und Susi waren so beschäftigt, sich mit den Faschingskostümen auseinanderzusetzen, dass sie gar nicht gemerkt hatten, dass ich weitergezogen bin. Ich nahm einige Umschläge aus der Kiste und mein Blick fiel auf einen Brief mit verschnörkeltem Schriftzug. Er war an eine Frau adressiert. Aufgeregt zog ich den Brief heraus, schlug ihn auf und begann zu lesen:


"Wer diesen Brief geöffnet hat, wird in das schreckliche Geheimnis eingeweiht, das er für immer in sich tragen wird. Es gibt kein zurück mehr…" - erschrocken brach ich ab. Schlagartig ließ ich die Briefe fallen, eilte zur Leiter und stieg in schnellen Schritten herab. Berry und die anderen erschraken und rannten mir hinterher. Alle verwundert unten angekommen, stieß ich heftig die Leiter nach oben, bis sie einhakte und knallte die Speichertür zu. Ich atmete schnell und kam erst jetzt wieder zu mir. ,,Was war geschehen?" fragten mich die anderen. Ich konnte ihnen nicht antworten. Innerlich dachte ich mir: ,,War alles nur Einbildung oder gab es diesen Brief wirklich?" ,, War es ein böser Scherz?"  Ich ging ins Wohnzimmer und die anderen folgten mir verwundert. Dort schaltete ich den Fernseher ein. In Stille aßen wir Süßigkeiten und schauten uns einen Film an.


Nachdem ich entschloss, selbst noch einmal auf den Speicher zu gehen, und zwar bei Tageslicht, wartete ich nur darauf, bis es Morgen war und stand als Erster auf. Die Sonne ging auf und ich stieg erneut die brüchige Leiter hoch zum Speicher. Alle anderen waren noch am schlafen. So unheimlich kam er mir nun nicht mehr vor und es musste doch eine Erklärung für diesen merkwürdigen Brief geben. Nun wurde mir doch etwas mulmig zumute. Der Brief müsste noch vor der Kiste liegen, ich hatte ihn gestern zusammen mit den anderen einfach fallen gelassen. Ich sah mich um. Bei Tageslicht wirkte der Speicher weniger gespenstisch, sondern einfach nur verstaubt.


Ich ging langsam zu der Kiste, sie war noch geöffnet. Ich sah in die Kiste hinein - wie ich erwartet hatte, war diese voller Briefe und Ansichtskarten. Dann sah ich mich um. Da lagen die Umschläge, auf dem Boden verteilt! Zögernd hob ich sie auf. Jetzt zitterte meine Hand. Ich sah die Briefe durch - da war kein Umschlag mit der geheimnisvollen Aufschrift. Ich suchte noch einmal auf dem Boden neben der Kiste - nichts. Was sollte ich jetzt tun? Ich öffnete mehrere Briefe. Einige waren an Berry's Eltern adressiert, andere an Personen, die ich nicht kannte. Bei manchen konnte ich die Schrift nicht entziffern. Ich las immer nur die ersten Zeilen und brach dann ab. Es waren ganz normale Briefe, manche persönlich, andere weniger. Sogar ein Liebesbrief war dabei, aber das interessierte mich nun nicht mehr. Weit und breit war keine Spur von dem Brief, den ich suchte. Gab es ihn doch nicht? Aber in Gedanken sah ich den Umschlag noch genau vor mir, und die altmodische Schrift aus schwarzer Tinte. Vielleicht war ich gestern Abend doch nur grundlos in Panik geraten und dann hatten sich die Geschehnisse und meine Fantasie in meinen Träumen vermischt.


Ich schloss die Kiste und hörte plötzlich eine Stimme: "Hey!" Erschrocken fuhr ich herum. Das war Berry! In schnellen Schritten kam er zur Leiter. "Du bist doch nicht etwa auf dem Speicher? Komm sofort herunter!" Seine Stimme klang wütend und ängstlich zugleich. "Ja. Ich komme. Ich habe mir doch nur noch ein Mal deine alten Karnevalssachen angesehen." Ich stieg die Leiter hinab. Der Gesichtsausdruck von Berry war erschrocken. "Die alte Leiter ist gefährlich. Geh nie wieder ohne meine Erlaubnis und erst recht nicht alleine auf den Speicher, hast du gehört?" Ob Berry etwas von dem Brief wusste? "Was ist eigentlich sonst noch da oben?", fragte ich. "Nichts. Jedenfalls nichts Wichtiges. Alter Kram", sagte Berry gereizt. Ich beschloss, ihn nicht auf den Brief anzusprechen. Berry war schon aufgebracht genug, und ich müsste zugeben, in den alten Briefen gestöbert zu haben. Es kam mir ohnehin plötzlich albern vor und den mysteriösen Brief hatte ich nirgends finden können. Die Geschichte würde mir bestimmt keiner glauben.


Wegen dem Geschreie erwachten auch die anderen. Abends ging es mir schon viel besser, und in der Nacht fiel ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Am nächsten Morgen wachte ich gut gelaunt auf. Ich machte mich fertig. Melinda wollte mit mir noch etwas organisieren. Ich verließ das Haus. An der Tür hörte ich eine Stimme: "Guten Morgen, willst du die Post gleich nehmen?" Es war Peter, der Briefträger. "D-danke", stotterte ich. Ich starrte auf den obersten Brief des Stapels, auf dem mein Name stand. Ich hatte die Schrift sofort erkannt.



Wenn euch dieses offene Ende dazu angeregt hat, die Geschichte zu vollenden, könnt ihr dies in der unteren Kommentarbox gerne machen.

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